Mikrobiologisches Praktikum

- Antibiotikanachweis -



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Versuchsziel:

In diesem Versuch soll die Produktion von Antibiotika in Streptomyces griseus qualitativ nachgewiesen werden.

Theoretische Grundlagen:

Viele Bakterien und Pilze synthetisieren neben den sog. Primärmetaboliten, das sind Stoffwechselprodukte, die zur Erhaltung der zellulären Lebensfunktionen unbedingt erforderlich sind, sog. Sekundärmetabolite; also Stoffe, die die Zelle nicht unbedingt zum Überleben benötigt. Zu diesen Sekundärmetaboliten zählen auch die Antibiotika.
Unter Antibiotika versteht man eine Klasse von Substanzen biogenen bzw. mikrobiellen Ursprungs, die "antibiotische", d.h. wachstumshemmende oder abtötende Wirkungen auf andere Mikroorganismen entfalten können, wobei generell eine wachstumshemmende bzw. wachtumsverlangsamende Wirkung in bezug auf Bakterien als bakteriostatisch und in bezug auf Pilze als fungistatisch genannt wird. Eine abtötende Wirkung antimikrobiell wirksamer Stoffe wird entsprechend auch als bakterizid bzw. fungizid bezeichnet.
Antibiotika und deren Wirkung wurden 1929 durch eine Beobachtung des Engländers Alexander Fleming erstmals beschrieben. Er hatte entdeckt, dass eine zu den Ascomycota (Schlauchpilze) und zu der Gattung Penicillium zählende Pilzart (vermutlich P. chrysogenum, P. rubens oder P. notatum) eine antibakteriell wirksame Substanz produziert, die nach dem synthetisierenden Organismus Penicillin genannt wurde.
Seit der Entdeckung des Penicillins durch Fleming haben Antibiotika eine grosse therapeutische Bedeutung in der Bekämpfung bakterieller Infektionen und Krankheiten gewonnen. Die Wirkungsweise der Antibiotika ist zumeist auf spezifische Merkmale des prokaryontischen Organismus gerichtet, so hemmen bspw. Penicilline und Cephalosporine die Synthese des Peptidoglykans in der Zellwand gram-positiver Bakterien, indem sie kompetitiv mit einem Alanin-Dipeptid um die Bindung an ein Enzym der Zellwandsynthese konkurrieren und so dessen Funktion blockieren. Bei diesem Enzym handelt es sich um eine Transpeptidase, die die Vernetzung des Mureins durch Peptidseitenketten katalysiert, so dass bei Inhibition des Enzyms die Zelle keine intakte Zellwand synthetisieren kann und aufgrund des osmotischen Drucks aufplatzt.
Andere Antibiotika hemmen die Synthese von Nukleinsäuren in der bakteriellen Zelle, indem sie die DNA- (z.B. Mitomycin C) oder die RNA-Synthese (z.B. Actinomycin D, Rifampicin) beeinträchtigen. Eine weitere Klasse der Antibiotika, zu der bspw. die Tetracycline, das Chloramphenicol und weitere Substanzen zählen, hemmt die Proteinbiosynthese von Bakterien, indem sie Funktionen der für Bakterien spezifischen 70S-Ribosomen inhibieren. Dabei können die exakten Wirkmechanismen von Wirkstoff zu Wirkstoff variieren, so dass manche Substanzen bspw. spezifisch auf die 30S-, andere auf die 50S-Untereinheiten der Ribosomen einwirken.
Auch das Streptomycin, dessen Wirksamkeit in diesem Versuch untersucht werden soll, hemmt spezifisch die bakterielle Proteinbiosynthese an den Ribosomen, indem es bei der Translation von mRNA, die Knüpfung der Peptidbindung zwischen den Aminosäuren eines am Ribsom synthetisierten Peptids unterbindet.
Da auch Chloroplasten und Mitochondrien eukaryontischer Zellen über 70S-Ribosomen verfügen, ist die therapeutische Einsetzbarkeit derjenigen Antibiotika, die die Proteinbiosynthese beeinträchtigen, immer davon abhängig, inwieweit die Mitochondrien die Wirkstoffe aufnehmen und in welcher Konzentration sie schädlich auf die Mitochondrien wirken.
Das in diesem Versuch verwendete Streptomycin (Strukturformel s. Abb. 1) wird von dem Bakterium Streptomyces griseus gebildet, das, wie auch viele andere Antibiotika produzierende Arten, zu der Klasse der Actinomycetes, und hier zu der Familie der Streptomycetaceae, gehört. Andere typische Antibiotika-Produzenten sind Pilze aus der Gruppe der Aspergillales und auch Angehörige anderer Bakteriengattungen. Man nimmt an, dass die meisten dieser Arten Antibiotika produzieren, um sich einen Wettbewerbsvorteil in der Konkurrenz um Substrate zu verschaffen.
Ausser in der medizinischen Therapeutik haben Antibiotika in der angewandten Mikrobiologie grosse Bedeutung, einerseits in der Antibiotika produzierenden Biotechnologie, andererseits als selektive Agenzien, die spezifisch bei der Untersuchung bestimmter Zellfunktionen genutzt werden oder um Antibiotika-resistente Formen von nicht-resistenten Arten zu trennen. Letzteres Verfahren macht man sich insb. bei der Klonierung von DNA in Bakterien zunutze, indem die zu klonierende DNA mit einem Resistenz-Gen für ein bestimmtes Antibiotikum kombiniert wird. Integriert (Insertion) man eine solche DNA (Vektor) in das bakterielle Genom eines gegen das gewählte Antibiotikum nicht resistenten Stammes, dann kann man die erfolgreiche Insertion der transfizierten DNA mit relativ geringem Aufwand überprüfen, da auf Nährmedien, die das betreffende Antibiotikum enthalten, nur solche Zellen wachsen, die das Resistenzgen und damit die zu klonierende DNA enthalten. [1], [2]

Strukturformel Streptomycin A
Abb. 1: Strukturformel von Streptomycin A
Versuchsdurchführung:

1. Woche
In der ersten Woche wurde auf einem HPG-Agar, auf den ein Impfstrich von Streptomyces griseus aufgetragen war, Ausstriche von Reinkulturen von den Bakterien Escherichia coli, Bacillus subtilis und Pseudomonas fluorescens, sowie der Hefe Rhodotorula glutinis aufgetragen. Dies erfolgte so, dass senkrecht zu dem Streptomyces-Ausstrich, in einem Abstand von ca. 2 mm, die jeweiligen Inocula der Reinkulturen mit der Impföse aufgetragen wurden, ohne den Streptomyces-Impfstrich zu berühren. Die so behandelte Agarplatte wurde nun inkubiert.

2. Woche
In der zweiten Woche erfolgte die Auswertung der bebrüteten Platte, indem überprüft wurde, ob und in welchem Masse eine Hemmung des Wachstums der aufgebrachten Reinkulturen stattgefunden hatte.

Ergebnis:

Bei der Begutachtung der Platte konnte festgestellt werden, dass Escherichia coli und Bacillus subtilis deutlich im Wachstum durch den Streptomyces griseus-Impfstrich gehemmt wurden, was sich dadurch zeigte, dass die Kolonien erst in einiger Entfernung von dem Streptomyces-Ausstrich und nicht von Beginn des Kulturausstriches an wuchsen. Der Pseudomonas fluorescens Aufstrich zeigte kein eingeschränktes Wachstum, sondern es hatten sich Kolonien von Beginn des Aufstrichs bis zu seinem Ende entwickelt. Rhodotorula glutinis-Kolonien wuchsen ebenfalls erst in einiger Entfernung von dem Streptomyces-Ausstrich, doch war der Abstand zu diesem kleiner als bei den Bakterien Escherichia coli und Bacillus subtilis. Ein Photo der inkubierten Platte ist in Abbildung 2 dargestellt.

Streptomycin Test-Agar
Abb. 2: HPG-Agar mit Streptomyces griseus Impfstrich und aufgetragenen Proben

Die Abstände der Kolonien vom Streptomyces-Ausstrich sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt:

Tab. 1: Abstände der Kolonien vom Streptomyces-Impfstrich
Abstand vom Streptomyces-Impfstrich in mm
Escherichia coli20
Bacillus subtilis22
Pseudomonas fluorescens0
Rhodotorula glutinis7

Ergebnisdiskussion:

Der in diesem Versuch angestrebte Nachweis der Produktion eines Antibiotikums durch Streptomyces griseus, sowie dessen bakteriostatische bzw. bakterizide Wirkung ist erfolgreich verlaufen.
Die Bakteriensuspensionen von Escherichia coli und Bacillus subtilis konnten in der Nähe des Streptomyces griseus-Impfstrich keine Kolonien ausbilden, da das von dem Bakterium Streptomyces griseus produzierte Antibiotika Streptomycin bei der Translation an den bakteriellen 70s-Ribosomen die Knüpfung der Peptidbindung inhibiert. Pseudomonas fluorescens wurde von dem Streptomycin nicht in seinem Wachstum gehemmt, da viele Pseudomonaden-Arten dafür bekannt sind, dass sie resistent gegen eine Vielzahl von Antibiotika sind. Dass das Wachstum der Hefe Rhodotorula glutinis augenscheinlich ebenfalls negativ beeinflusst wurde, was auch bei anderen Versuchteilnehmern beobachtet wurde, lässt sich evt. damit erklären, dass Rhodotorula glutinis als eukaryonter Organismus zwar nicht direkt von Streptomycin im Wachstum gehemmt wird, aber durch die Tatsache, dass die Mitochondrien der Hefe ebenfalls über 70s-Ribosomen verfügen, deren Aktivität und Teilungsvermögen negativ beeinflusst wird. Da die Mitochondrienmembran sehr undurchlässig gegenüber Streptomycin ist, wirkt dieses nur in sehr hoher Konzentration schädigend auf deren Teilungsfähigkeit und Proteinsynthese, so dass man den Versuchsbefund so interpretieren kann, dass Rhodotorula glutinis die allernächste Nähe zu dem Impfstrich mit sehr hoher Streptomycin-Konzentration meidet, aber sobald die Konzentration unter einen gewissen Schwellenwert sinkt, dort wieder wachsen kann.




Versuchsziel:

In diesem Versuch soll die quantitative Bestimmung von Penicillin G in Milch mittels Agardiffusionstest durchgeführt werden.

Theoretische Grundlagen:

Um Antibiotika quantitativ zu bestimmen, bedient man sich des Agardiffusionstests. Dabei wird auf einen, mit einem Indikatororganismus beimpften Agar, eine oder mehrere Antibiotikaproben aufgebracht um die herum sich sog. Hemmhöfe ausbilden, in denen der Indikatororganismus, aufgrund des in die Agarsubstanz diffundierten Antibiotikums, nicht wachsen konnte. Die Hemmhofausbildung fällt um so stärker aus, je grösser die Konzentration der aufgetragenen Antibiotika ist. Eine andere quantitative Methode ist die Ermittlung der minimalen Hemmkonzentration MHK, die in Verdünnungsreihen mit flüssigen Nährmedien ermittelt wird. Die MHK ist dann diejenige Wirkstoffkonzentration, bei der soeben kein Wachstum des Indikatororganismus mehr erfolgt. Man braucht diese Verfahren, um Antibiotikabelastungen von Nahrungsmitteln zu überprüfen, da Antibiotika als Zusatzstoffe zu Tierfutter weite Verwendung gefunden haben. Da man aber andererseits die Heranzüchtung resistenter Bakterienstämme verhindern will, um die Wirksamkeit der gegen pathogene Keime eingesetzten Antibiotika zu erhalten, soll die übermässige Belastung von Lebensmitteln durch Antibiotika vermieden werden. [2]

Versuchsdurchführung:

1. Woche
In der ersten Woche wurde die Unterseite einer leeren Petrischale mit einem Filzschreiber in 5 Felder unterteilt, um auf diese später 5 verschiedene Proben aufzutragen. Nun wurde ein bereitgestelltes Röhrchen mit 10 ml flüssigem Antibiotika-Agar Nr. 1 (Zusammensetzung s.u.) aus dem 55 °C warmen Wasserbad genommen und in die Petrischale ausgegossen. Der Agar war vorher mit einer standardisierten Sporensuspension von Bacillus subtilis beimpft worden und enthielt ca. 10-5 Sporen pro ml. Nach Erstarren und Auskühlen des Agars wurde nun auf jedes der 5 Felder mit einer abgeflammten Pinzette ein Testplättchen gelegt und leicht angedrückt, so dass jedes Plättchen möglichst denselben Abstand von dem Rand der Petrischale hatte. Nun wurden mit einer Mikroliter-Pipette Proben zu je 10 μl auf die Testblättchen aufgebracht und zwar zunächst drei Proben mit Penicillin-Konzentrationen von 10, 100 und 250 Einheiten (1 Einheit = 1 E = 0,6 μg) und dann zwei verschiedene Milchproben A und B. Die Agarplatte wurde mit der Oberseite nach oben bei 35 °C für 20 h inkubiert.
Zusammensetzung des Antibiotika-Agars Nr. 1:

Antibiotika-Agar Nr. 1
zu 1000 ml Aqua demin. wurden zugesetzt:
  • 15,0 g Agar
  • 6,0 g Pepton aus Fleisch
  • 4,0 g Pepton aus Casein
  • 3,0 g Hefeextrakt
  • 1,5 g Fleischextrakt
  • 1,0 g Glucose
Der Agar hatte einen pH-Wert von 6,5.

2. Woche
In der zweiten Woche erfolgte die Auswertung der Agarplatte, indem untersucht wurde, ob wachstumsfreie Zonen (sog. Hemmhöfe) um die Testplättchen herum entstanden waren. Der Durchmesser vorhandener Hemmhöfe wurde mit dem Lineal ausgemessen und die Messwerte notiert.

Ergebnis:

Vier der fünf Proben zeigten ein positives Antibiotika-Verhalten an, d.h. um sie herum waren Hemmhöfe ausgebildet worden. Die Messwerte der Durchmesser der einzelnen Hemmhöfe und die Zuordnung zu den Proben sind in der folgenden Tabelle dargestellt:

Tab. 1: Hemmhofdurchmesser des Agardiffusionstest
Probe:10 E100 E250 EMilchprobe AMilchprobe B
Hemmhofdurchmesser in mm:28~35>37320

Abbildung 1 zeigt die Agarplatte nach der Inkubation:

Agardiffusionstest
Abb. 1: Antibiotika-Agar Nr. 1 mit Proben nach Inkubation

Ergebnisdiskussion:
Da die Penicillin-Konzentrationen dreier Proben bekannt war, konnte mit den gewonnenen Messwerten der Hemmhofdurchmesser ein Diagramm erstellt werden und die Penicillin-Konzentration der Milchprobe A, bei der ja auch einen Hemmhof ausgebildet worden war, graphisch ermittelt werden. Das folgende Diagramm zeigt die Hemmhofdurchmesser in Abhängigkeit von der Penicillinkonzentration:


Diagramm Hemmhofdurchmesser
Abb. 2: Hemmhofdurchmesser in Abhängigkeit von der Penicillin g Konzentration

Wie aus dem Diagramm ersichtlich wird, ergibt sich die Konzentration der Milchprobe A zu ca. 60 E, was 36 μg Antibiotika pro ml Milch entspricht.
Ferner wird deutlich, dass es sich bei dem Diagramm um eine Sättigungskurve handelt, d.h. das die Hemmhofdurchmesserzunahme mit zunehmender Penicillinkonzentration immer weniger stark zunimmt und gegen einen Sättigunswert konvergiert, was dadurch zu erklären ist, dass mit zunehmender Entfernung von der Penicillinprobe die Konzentration immer stärker (logarithmisch) abnimmt, da das Penicillin mit zunehmenden Radius durch immer grösser werdende Agarmengen diffundieren muss.

Referenzen:

[1] Bast, E. 'Mikrobiologische Methoden', 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag 2001
[2] Fuchs, G. (Ed.) 'Allgemeine Mikrobiologie', 8. Auflage, Georg Thieme Verlag 2007

Die chem. Strukturformel in Abb. 1 des Protokolls L1 wurde mit Hilfe der Software ACD/ChemSketch Freeware, release: 11.00, product version: 11.02 build 25941 (21 May 2008) erstellt. ACD/ChemSketch ist ein Produkt der Advanced Chemistry Development, Inc., Toronto, ON, Canada und erhältlich unter www.acdlabs.com
Die Graphiken der Abb. 1 und Abb. 2 des Versuches L2 wurden mit Hilfe der Software 'Graph', Version 4.3 Build 384 erstellt. Diese Software ist unter der GNU General Public Licence erhältlich unter www.padowan.dk.



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Letzte Aktualisierung: 02.02.24